Renes Redekiste

Interviews & Polaroid-Fotografie

Eine Nacht mit L.A. Salami oder ein Lied von der Sterblichkeit

Unsere Gruppe spaziert ihrem Ziel entgegen, als das Verlangen nach Fast Food uns auseinandertreibt. Die Reeperbahn und ihre Reize: Ein Teil von uns eilt in den Burger King und unseren Gast aus England zieht es zu McDonalds. Würde er nicht seine Gitarre in meiner Obhut zurücklassen, ich hätte nicht daran geglaubt, ihn so schnell wiederzusehen. Doch so stehen wir zu dritt an der Ecke Davidstrasse und warten, der stabile Gitarrenkoffer zu unseren Füßen.

Die Nachricht erreichte mich einige Stunden zuvor. Charlie Watts, der Rhythmus ist tot. “Charlie Watts ist gestorben!”, rief mir ein Freund zu, kurz bevor L.A. Salami sein Konzert im Molotow begann. L.A. in seiner, dunklen, eleganten Kleidung. Ein Mann mit sanfter, beruhigender Stimme. Er lachte viel und brachte uns alle zum Stirnrunzeln, als wir seine viel zu leisen Ansagen wieder kaum verstanden. Doch er stellte uns den Talis-Man vor und spielte ein Lied von der Sterblichkeit. Ein Zufall? Ich glaube nicht. Doch Sterblichkeit? Klingt arg sperrig, Vergänglichkeit wäre vielleicht schöner.

Quelle: YouTube, Fortitude Mag

‘Cause you could die without warning
Ah, the shift has come
And you must answer without swaying
Ah, when the change is done
 
But eventually his eyes were faded
His view will shake and he will pine on days
He always knew that it’d come, but it still surprises him
How all this time can just go by
 

L.A. Salami – A Man; A Man Without Warning

Zurück auf der Strasse

Endlich sind die beiden Frauen zurück. Mit einer heiß gefüllten Papiertüte in der Hand. Denn sie haben bekommen, was sie wollten. Und auch L.A. Salami scheint sein Ziel erreicht zu haben. Von der anderen Straßenseite sehe ich ihn herüberschlendern und schon ist unsere Gruppe wieder komplett. Es ist eine der letzten Nächte des Sommers: Menschen auf der Straße, wir teilen uns Pommes auf dem Weg zu der Wohnung, die nur wenige Schritte entfernt ist – heute haben wir verdammtes Glück!

Als wir das Zimmer betreten, beginnen auch Weinflaschen die Tische zu bevölkern. Eine Kerze wird zum Lagerfeuer, um welches wir uns heute Abend scharen. Wir genießen unsere Getränke, sprechen über Musik, basteln uns den Soundtrack für diesen Abend zusammen. Tatsächlich ist es ein Dienstag Abend und das Glas ist endlich wieder halb voll. In dieser wirklich gemütlichen Atmosphäre – wir erinnern uns, das Licht, die Musik, der Pegel (als logische Konsequenz), ergreift eine Dame ihre Gitarre und spielt uns etwas vor. Sie spielt und wir hören – ich überrascht, zu.

Und L.A. Salami?

Mein Platz an diesem Abend ist für lange Zeit der Fußboden, auf dem ich mich bereits lang mache, als schlussendlich auch L.A. Salami zur Gitarre greift und beginnt einige Stücke zu spielen. Kleine Schätze, auf dem Konzert nicht gehörtes erfüllt den Raum. Der Rauch, das schummrige Licht, die Lieder, dessen Titel mir nicht einfallen wollen, doch da ist einer, den ich wiedererkenne. Lookman beginnt, räuspert sich, startet erneut, lacht und so geht es einige Male, bis er die richtige Stimmlage gefunden hat und der Song seinen Lauf nimmt: Who’s Cursing Us Now?

Es ist einer von vielen schönen Momenten, die er in dieser Nacht entstehen lässt. Es wird über Dylan gesprochen, an einem anderen Zeitpunkt beglückwünsche ich L.A. zu einer Zeile in The Cage, die Gruppe quatscht, ich mache ein Nickerchen, es ist magisch! Ja, in dieser Nacht unterhalten wir uns, wir hören zu, wir trinken und rauchen – wir genießen das Leben auf eine der einfachsten Arten.

Die Zeit vergeht wie im Flug, als der Dienstag in den Mittwoch übergeht, der Wein knapp und die Augen immer kleiner werden. Und vielleicht ist es das, um was es im Leben gehen sollte. Mit einer nicht mehr gekannten Leichtigkeit die Dinge angehen, Freunde, die Zeit miteinander, nicht mit ihrem Telefon verbringen. Neue Freundschaften schließen. Ohne Vorurteile, ohne Erwartungen. Nicht nur reden, sondern etwas sagen. Anderen zuhören. Und natürlich soll es mehr Polaroid-Bilder geben.

Es ist das Ende einer Ära und der letzte Tag des Sommers. Da war die Sonne, der Tod und Live-Musik. Da waren die Gespräche und das Bier. Der Rauch, das Licht, die Musik, der Pegel und das Ende des Sommers. In dieser Nacht hatten wir alles.

L.A. Salami Glass

L.A. Couch

L.A. Salami Guitar

Ein Traum von Rock ’n’ Roll verfasst von mir, René.
Danke an Lynn für die Polaroid-Bilder Nummer 1 & 4, an jeden, der dabei war und an L.A. Salami.

Instant Film: Black & Yellow, Duochrome Edition, For Use With 600

 

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