The Subways spielen heute im ausverkauften Molotow und ich schüttle Hände im dortigen Backstage. Mit eben der Band, die dem Indie-Rock ‘n’ Roll Hits wie Rock & Roll Queen, Shake! Shake! oder Kiss Kiss Bang Bang geschenkt hat!
Wer hätte jemals gedacht, dass ich, nachdem ich damals in meinem Kinderzimmer zu einem Subways-Song in den Türrahmen gesprungen bin, der Band einmal sagen würde, für ein Foto in die Dusche des Molotows zu steigen?
Doch zurück zum eigentlichen Thema:
Billy, Charlotte und Camille sind in der Hansestadt, um ihr aktuelles Album Uncertain Joys vorzustellen. Ein ruhigeres Werk, welches dennoch mit einigen (auch lauten) Perlen aufwartet, wenn man der Platte nur etwas Zeit lässt. Und genau das empfehle ich auch für dieses Gespräch. Nehmt euch die Zeit und gesellt euch dazu, wenn wir uns etwas unterhalten.
Als ich für dieses Interview recherchiert habe, ist mir aufgefallen, dass ihr in diesem Jahr 20-Jähriges Jubiläum feiert – herzlichen Glückwunsch!
20 Jahre, habt ihr jemals gedacht, so lange dabei zu bleiben?
Billy: Ich kann nicht sagen, dass ich es jemals erwartet hätte, dass wir so lange in dieser Band sind und Musik machen. Aber dann denke ich, wahrscheinlich habe ich nie so weit voraus gedacht (lacht), weißt du? Ich habe niemals so weit voraus gedacht, es schien immer so, als würden wir Musik, in welcher Form auch immer, machen. Sei es nun im Pub mit unseren Freunden, oder auf Tour, unterwegs durch ganz Europa. Sowas kommt uns gerade immer wieder in den Sinn, wo nun die ganzen Jubiläen auftauchen. Ich meine, heute ist unsere Single, Oh Yeah, 18 Jahre alt geworden. Wenn Oh Yeah eine Person wäre, könnte es im Vereinigten Königreich Alkohol trinken. Legal! Wahrscheinlich hat es schon in den letzten Jahren mit seinen Freunden getrunken, aber nun kann es endlich in den Pub gehen!
Charlotte lacht: Und wird bedient!
Billy: Und wird bedient, genau! Dann könnte sie ihren vorläufigen Führerschein vorzeigen. Ich hätte es mir niemals träumen lassen, diesen Job so lange zu machen. Dass wir das nun bereits so lange machen ist wohl eine Art Bonus.
Wir sehen – die Zeit vergeht wie im Flug!
Inwiefern ist es heute anders ein Rockstar zu sein?
Charlotte: Ich denke, dass jeder gravierende Veränderungen in diesem Zeitraum zwischen 20 und 40 durchlebt. Uns war das damals einfach egal: “Wir gehen für immer auf Tournee, haben eine gute Zeit und es wird nur gefeiert!” Und nun denke ich, dass es alles etwas entspannter ist? Wir gehen noch immer gerne auf die Bühne. Auf der Bühne geht es wie gehabt verrückt zu, aber hinter der Bühne gibt es Yoga und Wasser (Billy lacht laut auf).
Also achtet man ein bisschen mehr auf sich selbst und sowas.
Charlotte: Ja, ich würde kaputt gehen, würden wir weiterhin nur Vollgas geben.
Billy: Ich meine, es ist alles nicht mehr so leicht und wenn etwas wehtut, dann auch für längere Zeit. Der Körper braucht mehr Zeit, um sich zu erholen. Wie Charlotte schon gesagt hat, wenn du älter wirst, dann musst du alles einfach etwas gemäßigter angehen lassen. Du musst dir die Energie aufsparen und bis zum Auftritt erhalten. Denn das ist für uns als Band noch immer alles. Es dreht sich wirklich alles darum, auf der Bühne zu stehen, die Leute durchdrehen zu sehen und die Musik durch den Körper vibrieren zu spüren. Wenn wir dadurch unseren Auftritt in vollem Ausmaß genießen können, dann tuen wir was auch immer dafür nötig ist! Was offensichtlich weniger Party bedeutet (Charlotte und Billy kichern etwas).
Aber die Show ist doch noch immer eine Party …
Billy: Das ist sie!
Charlotte: Die Show ist eine Party!
Billy: Das ist ein sehr guter Punkt!
Camille, um auch dich mit ins Boot zu holen!
Die anderen haben die Band im Jahr 2003 gestartet, damals gab es noch keine sozialen Medien.
Stichwort Social Media – genießt du das oder hasst du es?
Camille: Um ehrlich zu sein, ich mag es nicht so sehr. Ich denke, dass es notwendig ist, auf Social Media unterwegs zu sein, vor allem im Musikbusiness. Das ist einfach so. Wie auch immer, ich denke, dass es einen Weg gibt, das Ganze auf eine gute und nicht auf eine negative Art zu nutzen. Es gibt Leute, die das alles auf eine schlechte Art genutzt haben, aber jetzt, wo wir die Möglichkeit haben, im Internet der Welt zu zeigen, wer wir sind, da kann man das auf eine gute Art nutzen. Positive Stimmung und gute Nachrichten verbreiten, somit denke ich, dass doch nicht alles schlecht ist. Und es ist eine tolle Art, um mit den Fans zu kommunizieren. Ich würde sagen, dass so etwas vorher nicht möglich war und das ist doch ganz schön.
Da fällt mir etwas ein, wo wir gerade von Social Media sprechen. Mir wurde diese Webseite gezeigt, irgendetwas mit Wayback (es ist Wayback Machine) und die macht Screenshots von uralten Webseiten. Und ich bin da über die Subways gestolpert, als ich versucht hatte, meine MySpace-Seite zu finden. Dabei habe ich also die MySpace-Seite der Subways gefunden, von 2007 oder so.
Charlotte: Was war in unseren Top 10?
Camille: Ehm, Taking Back Sunday, viele Bands und so. Das war lustig! Aber mein Profil konnte ich nicht finden, was mich ziemlich traurig machte, da ich damals eine wirklich schauerliche Emo-Phase hatte.
Popkultur
Da gibt es noch eine andere Truppe, die in diesem Jahr einen runden Geburtstag feiert, zumindest in Deutschland. 50 Jahre Sesamstraße!
Wer ist da euer Liebling?
Billy: Ich meine, dass jeder unseren Ex-Drummer Josh mit Elmo verglichen hat.
Charlotte: Elmo! Ich glaube, dass ihn jeder auch mit dem Tier verglichen hat, weil das der Schlagzeuger ist, den wir brauchen!
Billy: Die Subways brauchen einen animalischen Schlagzeuger (alle lachen los). Und er hat nicht gesprochen, oder? Ist das ein Muppet oder jemand aus der Sesamstraße?
Camille: Wir reden hier von der Sesamstraße?
Genau.
Camille: Dann waren das die Muppets, Tier.
Charlotte: Oh, Entschuldigung!
Aber es ist der selbe Puppenspieler, Jim Henson!
Charlotte: Aah, deshalb sind wir da etwas durcheinandergekommen!
Billy: Ich denke, dass es wirklich toll ist, dass Jim Hensons Sohn das alles übernommen hat und einen wirklich guten Job macht. Und so das Vermächtnis fortführt. Was auch klar ist, dass ich zwischen den Muppets und der Sesamstraße unterscheiden muss.
Bleiben wir bei Popkultur:
Ist es Star Wars oder Star Trek für euch?
Billy: Oh, bitte zwing mich nicht dazu, mich zu entscheiden! Kann ich einen Film von jedem auswählen? Also kann ich Deep Space Nine von Star Trek und Das Imperium schlägt zurück von Star Wars nehmen? Und dann sollen die beiden an der Spitze ihres jeweiligen Franchises stehen. Man, ich kann mich nicht zwischen denen entscheiden, es tut mir leid. Das wird nicht passieren.
Camille: Charlottes Gesicht sagt gerade nur: “Ich auch nicht.”
Charlotte: Bitte frag nicht mich!
Camille: Star Wars. Ich habe mich nie so recht mit Star Trek anfreunden können. Ich sollte es vielleicht nochmal versuchen, denn ich mag Sciene-Fiction nämlich wirklich gerne. Es ist halt einfach so etwas, das an einem vorbeizieht. Genau wie Doctor Who. Das hat mich auch nie so erreicht.
Billy: Was das Tolle an Star Trek ist, ist sein Ursprung. Die Mentalität, die für Immigration und für Vielseitigkeit steht, so wie Gene Roddenberry. Da sind all diese verschiedenen, fremdartigen Rassen, sie sehen alle verschieden aus und sie handeln auch alle unterschiedlich, doch eigentlich sind sie alle gleich. Sie alle wollen Liebe und Frieden. Und sie alle lieben ihre Familie.
Was mich einfach verblüfft, sind rassistische Star Trek-Fans. Weißt du, aktuell sind viele Leute in England sehr stark gegen Immigration und auch gegen Multikulturalismus. Und dann stellt sich heraus, dass sie Star Trek-Fans sind. Da frage ich mich: “Schaut ihr die selbe Serie wie ich?” Bereits in den 50er und 60er-Jahren war die Serie so aufgeschlossen und hat Grenzen gesprengt. Optisch dagegen war Star Wars schon immer viel besser als Star Trek. Aber ich fange schon wieder an, einzelne Highlights herauszupicken. Ich kann mich einfach nicht entscheiden.
The Subways
Billy, bleiben wir bei dir!
Ich habe gelesen, dass du dich gerne in Fußgängerunterführungen zurückgezogen hast, wenn dir alles zuviel wurde.
Wo, wenn nötig, versteckst du dich jetzt?
Billy: Ich gehe noch immer dorthin.
Oh wirklich?!
Billy: Ja, ich finde es dort wirklich friedvoll! Meine Familie meint immer: “Sei vorsichtig dort unten, da hängen einige wirklich seltsame Gestalten herum.” Da kann ich nur sagen: “Ich bin eine dieser seltsamen Gestalten” (lacht). Aber ich mag auch wirklich hehre, natürliche Landschaften, also eigentlich alles mit einer tollen Aussicht. Sei es am Meer oder auf einem Acker, eine hügelige Landschaft, viele Tiere – ich finde viel Trost in der Gesellschaft von Tieren. Anthropozentrismus ist das Stichwort, der Mensch ist so auf die eigene Rasse fokussiert und das zeigt sich in der Art und Weise wie wir die Umwelt behandeln. Wie wir die Massenproduktion vorantreiben und die Tiere in diesem Prozess behandeln, deswegen denke ich eher so: Behandle jedes Tier wie einen Engel. Wie etwas unschuldiges. Wir haben heute ein paar Hunde gesehen, eine Katze und eine Taube habe ich auch noch gesehen. Also wir sagen immer Hallo zu den Tieren.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich euch das erste Mal live gesehen hatte.
Du zeigtest dein Strawberry Blonde-Tattoo, aber ihr habt den Song nicht live gespielt.
Doch kommt es immer mal wieder vor.
Ist es, weil der Song live für euch hart ist?
Charlotte: Ich denke, es ist eher, weil es so eine entspannte Nummer ist. Deshalb packen wir ihn nicht ständig auf die Setlist. Trotzdem ist es der Song, der immer wieder vom Publikum gewünscht wird. Also spielen wir ihn meist doch, auch wenn er nicht auf der Setlist ist, einfach nur, weil jemand danach gefragt hat. Und deshalb üben wir ihn ab und zu, einfach nur für den Fall (lacht). Dann können wir nämlich einfach sagen: “Na klar, den können wir spielen!”
Billy: Vor Kurzem ist genau das in Manchester passiert. “Strawberry Blonde!” “Arrgh, okay”, da haben wir ihn schnell gespielt. Es ist schon lustig, dass dieser Song …
Charlotte: Es ist immer der, nachdem die Leute fragen.
Hier und jetzt
Camille, du bist das neue Gesicht am Schlagzeug.
War es leicht für dich, deinen Platz in der Band zu finden?
Camille: Ganz ehrlich, ja, das war es! Das klingt geltungsbedürftig oder so, aber so meine ich das gar nicht. Es war leicht in dem Sinne, da ich so schön aufgenommen wurde. Es war die liebevollste Aufnahme in eine Band, die ich je erlebt habe. Und ich komme wirklich gut mit der Band aus. Ich war bereits ein Fan von ihrer Musik und ihres Stils. Ich denke, wir haben auch einen sehr ähnlichen Musikgeschmack und deshalb glaube ich – Daumen drücken – dass das gemeinsame Schreiben von neuer Musik ebenso ein Kinderspiel wird. Ich komme einfach super mit Billy und Charlotte als Menschen aus und das eben nicht nur musikalisch. Also ja, es war wundervoll. Es ist sehr wundervoll.
Eure neue Platte Uncertain Joys ist ein bisschen ruhiger, aber The Devil And Me geht noch immer richtig nach vorne!
Wie ist dieses Stück entstanden?
Billy: Ursprünglich war es eine B-Seite für einen Song von unserem dritten Album. Und ich habe das Stück schon immer geliebt, aber es ist nie so richtig was draus geworden. Für dieses Album waren wir dann verantwortlich für die Songauswahl und wie wir uns dem Ganzen annähern. So kamen wir auf die Idee Devil And Me einer Überarbeitung zu unterziehen, so dass es jetzt eben richtig nach vorne geht! Weil das Demo toll ist, aber die Aufnahme nicht so gelungen war. Also dachten wir, dass wir uns wirklich auf eine tolle Aufnahme von Devil And Me konzentrieren. Und ja, wir haben ihn nun auf der Platte, weil wir Rock und Blues lieben, der Song hat seine Wurzeln in den Blues-Themen, wie der Teufel …
Der Deal!
Billy: Ja genau – der Deal! Er beschwört irgendwie diese ganze Geschichte an der Kreuzung herauf. Am Ende klang der Song wirklich toll, also haben wir ihn auf die Platte gepackt und nun müssen wir ihn uns nur noch für die Live-Shows raufschaffen (lacht). Weil tatsächlich bereits einige Leute danach gefragt haben, aber er passt noch nicht so ganz ins Set. Aber wir werden ihn spielen.
Ich habe bereits The Devil And Me erwähnt, aber was ist euer Lieblingstrack auf Uncertain Joys?
Billy: Ich liebe den Titeltrack Uncertain Joys total und bin der Meinung, dass es der beste Song ist, den ich je gemacht habe – ganz klar werden die Leute das nicht so sehen, aber ich bin sehr, sehr stolz darauf. Und ich liebe es, ihn live zu spielen!
Charlotte: Ich würde Influencer Killed The Rock Star sagen. Ich denke, das liegt daran, dass ich es einfach wirklich genieße, dieses Stück live zu spielen. Es ist schon hart, sich einen Favoriten rauszusuchen. Deshalb nehme ich, den ich am liebsten live spiele.
Camille: Den spiele ich auch am liebsten live.
Billy: Zwei zu eins, ich spüre Widerstand (alle müssen lachen)!
Camille: Aber ich denke, dass ich wahrscheinlich am liebsten Incantation höre, wegen des Textes und auch wegen der Musik. Ich mag die Bedeutung dahinter, denn … ich lasse dich das lieber erklären, wenn du möchtest (deutet auf Billy). Doch ja, den Song mag ich wirklich, er ist toll! Wir sollten den mal live spielen.
Billy: Wir müssen den live spielen! Ja, Incantantion handelt davon wie ich meine Bisexualität voll und ganz akzeptiere. Also am Ende erweise ich meinem jungen Ich meine Anerkennung. Denn mein junges Ich wusste nie, was los war und warum ich diese Gefühle hatte. Allerdings habe ich mich nun dafür entschieden, einen Song über meinen ersten Schwarm zu schreiben.
Das wusste ich nicht! Das ist wirklich schön. Es ist so, als wenn du diesen jungen Mann umarmst und ihm sagst: “Kopf hoch!”
Billy: Ja man, genau so! Als würde ich sagen: “Du bist in Ordnung, das ist nicht falsch, es ist schön!”
Quelle: YouTube, THE SUBWAYS
Für die letzte Frage habe ich mich von eurem zweiten Album inspirieren lassen – All Or Nothing:
It’s always fine to hold onto
Your sorrow
There’s always time to make it up
Tomorrow
The Subways – Always Tomorrow
Doch was kann nicht bis morgen warten?
Billy: Das Arsenal die Premier League gewinnt (lacht)!
Camille: Eine zweite Mahlzeit für mich! (Billy lacht wieder laut auf) Ich bin die ganze Zeit so hungrig.
Charlotte: Das Glas Wein nach der Show.
Billy: Sehr zufriedenstellend!
Camille: Das ist eine sehr gute Antwort!
Und das war es, das erste Interview in 2023 und ein wirklich tolles Gespräch! Danke an meine Freunde beim Messed! Up Magazine, die das Ganze möglich gemacht haben!
Dieses Bild wurde kurz nach unserem Gespräch über den Brudenell Social Club in Leeds geschossen (Charlotte: “Der Laden ist so traditionell!”), den ich durch meine Freunde von Fizzy Blood kenne und den die Subways ebenso während ihrer Tour bespielten.
Text, Interview & Polaroid-Fotografie: René Biernath
Ein großes Dankeschön an Julia für die Bilder aus dem Backstage!
Instant Film: Color, For Use With 600