Für Pabst ist es ein Freitag, der besser kaum sein könnte. Sie spielen in Hamburg, haben das Molotow ausverkauft und ihr neues Album Crushed By The Weight Of The World schlägt auf Platz 18 der deutschen Albumcharts ein. “Noch vor Cro!”, wie Erik, der Sänger und Gitarrist von Pabst während des Konzertes anmerkt. Die Show selbst ist eine, die ihresgleichen sucht. Laut, eng und voller Energie – anders lässt sich das Konzert nicht in Worte fassen! Sie ist ein einziger Knall, der das Saunaerlebnis auf der Reeperbahn nur noch umso intensiver macht.
Nach dem hitzigen Auftritt wird abgebaut, der Merch-Stand besucht, einfach mal durchgeatmet und zu guter Letzt der Tourbus beladen. Und natürlich Bier getrunken. Doch der Schweiß ist nun getrocknet und das Adrenalin hat den Körper verlassen. Pabst öffnen die Türe und zusammen finden wir uns im Backstage wieder. Erik, Tilman und Tore bedienen sich noch einmal am Büfett, dann geht es los: Interview Nummer zwei mit der Band aus Berlin
LIVE
Whenever, Wherever Tour – endlich!
Wie fühlt es sich an nun unterwegs zu sein?
Tore: Gut!
Alle lachen auf!
Erik: Es ist wirklich viel, viel besser als erwartet. Man liest alles mögliche, dass es halt der ganzen Branche scheiße geht und dementsprechend haben wir uns natürlich auch ausgemalt, dass es nicht besonders wird. Und bisher übertrifft es aber definitiv unsere Erwartungen. Ums Mehrfache!
Tilman: Vor allem heute!
Ihr habt jetzt nur eine Stunde gespielt, das ist schon ganz schön knackig!
Habt ihr kein Bock auf mehr?
Tore: Also wir haben sogar schon mal eine halbe Stunde gespielt!
Erik: Die besten Shows sind die, wo die Leute gehen und sagen: “Es hätte länger sein können.”
Aber letztes Jahr am Ostkreuz war es mehr, oder?
Tilman: Mehr als eine Stunde haben wir noch nie gespielt.
Erik: Wir waren vielleicht ein bisschen drüber. Bei unserer Zugabe habe ich aber eben auch gesehen, wie zwei Leute umgekippt sind, während andere nach noch mehr gerufen haben! Also okay, wir müssen nicht noch länger spielen.
Der Sound eures neuen Albums Crushed By The Weight Of The World wirkt im Vergleich zu Deuce Ex Machina wie aus einem Guss.
Was war dieses Mal bei den Aufnahmen anders?
Habt ihr da einen signifikanten Unterschied verspürt oder ist das einfach passiert?
Erik: Eigentlich war es vorher wie aus einem Guss, weil wir das live aufgenommen hatten. Und jetzt war es schon so, dass jeder Song sein eigenes Treatment bekommen hat. Also dass wir extra die Amps für jeden Song aufgebaut haben. Oder auch das Schlagzeug umgebaut und umgestimmt haben, nämlich auf die Tonart des Songs gestimmt und es wurden dann auch verschiedene Schlagzeugkessel benutzt. Es gab auch verschiedene Gitarren, aber wahrscheinlich ist es unserem Produzenten Magnus Wichmann geschuldet, dass es dann doch alles sehr homogen klingt.
Tilman: Ich glaube, es hatte mehr Zeit im Studio zusammenzuwachsen. Weil wir da mehr unsere eigene Version durchdrücken konnten, im Vergleich zum Album davor. Da wir mehr Zeit hatten und uns besser darauf einlassen und dadurch jeden Song besser verstehen konnten. Das entspricht eher unserer Mache, also uns, als das Album zuvor.
Crushed
Im Video zu Crushed tanzt Josef Volmer augenscheinlich zu eben diesem Song.
Wozu würdet ihr ihn sonst gerne tanzen lassen?
Tilman: Das war schon ein ganz schöner Akt, dass er das gemacht hat. Er hat das mega krass gemacht! Ich würde dem nicht nochmal was zum Tanzen aufbürden wollen, der ist echt ein guter Mann.
Erik: Ich war nicht dabei, aber es war mega kalt an dem Tag, oder? Es war wirklich der arschkälteste Tag des Winters und wir haben halt ein Video gedreht. Irgendwo in Brandenburg, im pfeifenden Wald. Das war echt krass und der hat alles gemacht, was wir Doofes im Kopf hatten.
Quelle: YouTube, PabstBand
Um den Titel eures Albums Crushed By The Weight Of The World aufzugreifen – was fuckt euch aktuell am meisten ab?
Erik: Heute gerade gar nichts.
Tore: Ich habe den Job verloren.
Tilman: Du hast deinen Job verloren? Oh, wieso?
Tore: Jo. Weil ich einfach zwei Monate auf Tour bin?
Tilman: Aber meinten die nicht, du kannst dann weitermachen?
Tore: Ah, doch nicht.
Was gibt da noch Hoffnung?
Tore: Ausverkaufte Konzertclubs?
Leicht angespanntes Gelächter geht durch den Backstage-Bereich.
Ich hatte mich im letzten Interview ein bisschen an eurem Song Hell abgearbeitet. Never Again hattet ihr beim letzten Mal in der Zukunft am Ostkreuz gespielt – dieses Mal leider nicht.
Aber ist dieser Song, also Never Again, die thematische Fortsetzung zu Hell?
Erik: Also eigentlich ist es schon ein anderer Ansatz. Musikalisch war das unser Versuch den Song Bias von unserer ersten EP nochmal zu schreiben (lacht auf). Textlich geht es da um die Absage an den Neoliberalismus. Also diese Idee, man kann alles schaffen, man kann alles werden, was man will. Da einfach zu sagen: Ne!
Also ist das gar nicht auf eine Person bezogen!
Erik: Ne, nicht unbedingt.
Future, Present & Pa(B)st
Die Zukunft am Ostkreuz habe ich nun schon öfter erwähnt.
Was verbindet euch damit so sehr?
Tilman: Das ist einer der letzten Zufluchtsorte in Berlin, wo man an als Künstler*in, Band und weiß nicht was, machen kann was man will. Das ist halt eine ewig währende Geschichte, dass da in Berlin alles, was subkulturelle Landschaft angeht, weggestrichen wird. Das ist ja nichts Neues. Und die Zukunft wird es auch irgendwann treffen. Das ist da eigentlich schon länger vorbei. Die müssen spätestens Ende des Jahres raus.
Erik: Und wir haben in jedem Raum irgendwas gemacht.
Tilman: Es gibt dort fünf verschiedene Räume. Da ist der Outdoor-Kinosaal, dort haben wir im letzten Jahr gespielt und dann haben wir außerdem mal im Indoor-Kinosaal gespielt. Im Tiefgrund haben wir auch gespielt, das ist unten im Keller. Wir hatten einen Outdoor Pop-Up-Store, und in der Galerie haben wir noch was gemacht. Mittlerweile haben wir jeden einzelnen Raum davon genutzt! Also das ist schon was wert, dass es solche Orte gibt, wo man das machen kann, worauf man Bock hat. Und das wird halt immer schwieriger, weil es so etwas immer weniger gibt.
Was mir da noch in der Richtung einfällt, ist das Urban Spree auf dem RAW-Gelände. Da sind die Pläne jetzt auch sicher, dass da alles demnächst weggeballert wird. Das steht fest, da gibt es Bebauungspläne. Und dann wird das Astra Kulturhaus halt überleben, das bekommt so einen monströsen Aufbau und wird am Ende so ein Drecksclub! Da fällt mir langsam nichts mehr ein, was es noch so gibt. Wo man auf unserer Ebene noch Sachen veranstalten kann, das ist alles weg. Das ist einfach beschissen! Ich will keine junge Band in Berlin sein – wo willst da zocken?!
Wie war denn heute Hamburg?
Tore: War hammergeil! Es war einfach super.
Erik: Auf’s Molotow ist immer Verlass! Auf Hamburg ist immer Verlass, so muss es sein.
Tilman: In den letzten paar Wochen und Monaten haben sich unsere Top 3 und auch Top 5 unserer jemals gespielten Konzerte ständig gegenseitig weggeschoben. Eine Zeit lang stand das fest, was unsere coolsten Konzerte waren und jetzt überschlägt sich das alles. So viele Superlativen gerade.
Erik: Heute ist so ein Tag, da ist echt viel passiert!
Habt ihr noch eine letzte Botschaft an die Leserinnen und Leser dieses Kurzstopp/Tour-Interviews?
Erik: Bleibt wie ihr seid! Lasst euch nicht unterkriegen. Und God save the Queen!
(Ob man unser Gelächter durch die geschlossenen Fenster gehört hat?)
Tilman: Was man als Botschaft mitgeben kann, ist, dass die Leute, die sowas lesen, jetzt noch alles an Subkultur mitnehmen sollen, was gerade geht! Und dass sie sich daran erfreuen!
Wie wahr! Und hier die Credits …
Interview & Polaroid-Fotografie: René Biernath
Live Aufnahmen und Eindrücke vom Interview: Catiana Lemke
Instant Film: Black & White, For Use With 600, Classic White Frame
Band: Pabst, aktuelle Platte: Crushed By The Weight Of The World, zu Kaufen hier