Renes Redekiste

Interviews & Polaroid-Fotografie

Rikas – Das sonnige Wiedersehen

Damals schon meine Band der Stunde aus Stuttgart, nun endlich wieder Gast in der Redekiste – Rikas! Unser letztes Interview liegt tatsächlich bereits fünf Jahre zurück und in dieser Zeit ist viel passiert. Wie Sascha selbst im Vorgespräch sagt, waren sie damals noch undercover unterwegs und zudem Dauergast auf der Reeperbahn. Als Straßenmusiker gestartet, im Laufe ihrer Karriere etliche Male die Vorband gegeben, haben sich die vier Schwaben mittlerweile vom Geheimtipp zum festen Bestandteil der Indie-Landschaft gemausert. Mit viel Sympathie, Spielfreude und musikalischer Vielfalt haben sie es mit Songs wie Crazy oder auch dem zeitlosen Live-Abräumer Back In My Life geschafft, sich fest in der Szene zu etablieren.

Doch genug der Förmlichkeiten, die meisten kennen sie bereits und haben sie längst in ihr Herz geschlossen: Sam, Ferdi, Chris und Sascha! Letzterer hat sich die Zeit genommen, um vor dem Auftritt mit mir in der Sonne zu sitzen und dabei ein paar Fragen durchzugehen. Begleitet uns auf einer Zeitreise, stolpert über Fragen, die ihr vielleicht nie gestellt hättet und freut euch über einige schöne Bilder. And now – show time!

Twist And Shout, The Beatles – wer von euch wäre denn welcher Beatle und warum?
Sascha (lacht): Das witzige an dieser generellen Frage ist, das alle immer meinen, dass sie so ein bisschen was von jedem hätten. Das ist auch die große Kunst bei den Charakteren der Beatles, dass alle so eigenständig sind. Aber trotzdem relatable, sodass man sich mit jedem so ein bisschen identifizieren kann. Ein Merkmal sticht immer bei einer Person heraus, weshalb man dieses Gefühl hat – okay, das bin ich!

Ich sag jetzt einfach mal, Sam – Paul McCartney. Bass, die Augen vielleicht. Die Flippigkeit, aber trotzdem Entspanntheit. Ferdi – Ringo, Schlagzeug. Bei mir ist es mehr der Look, offensichtlich auch Ringo. Chris ist definitiv George Harrison, das würde ich voll unterschreiben. Ich weiß nicht …
Traust du dir Lennon zu?
Sascha: Ich weiß es nicht. Ich möchte es nicht aussprechen. Was wäre denn deine Antwort gewesen? Das ist viel interessanter.
René: Man geht natürlich natürlich erstmal so vor – wer spielt was? Aber das ist eigentlich schon blöd, so einzusteigen. Wie bei den Beatles gibt es bei euch auch keinen Bandleader. Lennon/McCartney, ja, aber bei euch verschwimmt das doch total. Still und geschäftsmäßig, Sam könnte ich auch ein bisschen als Harrison einordnen. Lauter Charakter – das bist eher du! Gerade aus den Anfangstagen, Leute in der Fußgängerzone anzuschreien – also da vielleicht Lennon. Ferdi hat auch so eine freche Art – Ringo, ja. Vielleicht ist auch Chris der McCartney, den man gar nicht in ihm sieht.

Wir sind und bleiben bei den Beatles!
Vor einigen Jahren habt ihr Klaus Voormann getroffen.
Was war das für ein Gefühl, diesen Menschen zu treffen und ihm auch noch euer damaliges EP-Cover (Swabian Samba) zeigen zu können?

Sascha: Es war ein ganz besonderer Moment! Das war ein kleiner Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Es war super entspannt und irgendwie nahbar. Das sieht auf Kamera vielleicht nicht so aus, wir waren da sehr nervös, aber als dann die Kameras abgedreht waren, hat es sich sehr nett und nahbar angefühlt. Und wir verfolgen ihn und seine Arbeit schon sehr lange. Er hat auch einen großen Einfluss auf das, was wir machen. Gerade auf Chris, der die Grafiken bei uns macht.

Weil wir alles bei uns selbst behalten: Musik und Grafik!
Eine Band ist ein Raum, in dem man sich künstlerisch ausleben kann, das lebt er irgendwie vor mit seinen verschiedenen Projekten, in denen er mitgewirkt hat. Und ich glaube, dass wir das auch als Band versuchen umzusetzen. Dass man sich in diesem Raum Rikas künstlerisch ausleben kann.

Wie eben Chris, der hat da mit seinen Grafiken total das Sprachrohr gefunden. Das versuchen wir noch weiter auszuarbeiten. Und deshalb ist Voormann da ein großer Name, der immer bei uns im Hinterkopf war, an dem man sich orientiert hat.

Quelle: YouTube, PULS Musik

Wen würdest du denn sonst gerne mal auf einen Schnack treffen?
Sascha: Wir bleiben einfach bei der Sache – ich glaube schon Paul McCartney! Weil er noch lebt, oder Ringo. Einen von denen würde ich gerne treffen und mit denen ein kleines Pläuschen halten. Das fände ich ganz nett. Ich mag auch das Format, das er mit Rick Rubin gemacht hat, wo sie sich durch die Tapes hören und die Beatles-Historie, aber auch seine McCartney Solo-Sachen analytisch betrachten. Einfach über Musik sprechen, ich finde, da hat Paul einfach viel zu erzählen. Und ich glaube, das würde ich mir gerne mal anhören.

Rikas revisited

Als bei unserem letzten Gespräch die Star Wars/Star Trek-Frage fiel, hattet ihr euch auf Yoda bezogen. Ferdi hatte damals folgendes zitiert: “Tue es oder tue es nicht. Es gibt kein Versuchen.
Wie seid ihr die letzten fünf Jahre damit gefahren?
Sascha: Ziemlich gut! Ich glaube, wir sind an einem Punkt im Leben, wo wir sagen können: Wir bereuen nichts. Alles hat sich gelohnt. Es ist zwar auch anstrengend, vor allem durch die Pandemie ist es eben noch anstrengender geworden. Vielleicht auch unverhoffter! Alles ist so ein bisschen unkalkulierbarer. Und trotzdem hat uns das weiter gebracht, auch diese ganz verrückten Shows im letzten Sommer. Coronakonform zu spielen oder was wir auch zwischenzeitig gemacht haben, als Showband für eine Late Night-Show zu spielen. All diese Dinge, die man notgedrungen gemacht hat, die haben sich auch ausgezahlt.

Viele Bands haben auch aufgrund dieses harten Cuts beschlossen, dass sie erst einmal nicht aktiv sind. Haben sich vielleicht sogar aufgelöst oder eingesperrt. Und ich fand, wir haben, so anstrengend es auch war, das Ganze gut gelöst. Deswegen sind wir sehr zufrieden und an dem Punkt, an dem wir sagen können, wir sind glücklich! Das war alles richtig so.

Wir haben damals hier, im Mojo, für Fil Bo Riva gespielt, 2018. Und jetzt, vier Jahre später, spielen wir hier, es kommen viele Leute und es ist ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen. Das sind so Schritte, an denen man einfach sieht, das, was man macht, macht Sinn! Es trägt Früchte, es ist ein großes Geschenk. Ohne jetzt zu platt zu klingen: Seitdem wir wieder auf Tour sind und Clubs spielen können, merkt man das aber auch umso mehr!

ErstesPolaroidVonRikas

Rikas 2016 auf der Reeperbahn.

SaschaVonRikasTrommelt

2017 im Vorprogramm von Chain Wallet.

SamVonRikasImInterview

Impression vom letzten Interview mit Rikas.

Damals habt ihr gesagt, dass Swabian Samba euer Lebensgefühl wäre. Euch ginge es darum Leute zu verbinden. Das macht ihr noch immer.
Was ist in den letzten fünf Jahren auf eurer “Mission Samba” euer schönstes Erlebnis gewesen?
Sascha: Gerade in dem Moment, in dem wir hier sitzen und ich vom Soundcheck komme und wir seit sieben Tagen unterwegs sind und die Clubshows spielen dürfen, sage ich einfach: Gerade, so. Das klingt zwar doof, aber es tut gut, gerade einfach im Moment zu leben und nicht so weit nach hinten zu gucken. Es gab einfach zu viele Dinge in der Vergangenheit, die richtig gut waren und die es verdient hätten, jetzt erwähnt zu werden. Aber gerade ist einfach alles schnieke, sodass ich sage: Jetzt.

SaschaRikasMitRenesRedekiste

Sascha: “Jetzt sehen wir aber wirklich aus wie eine Band!”

Zurück vor’s Mojo

Auf eurer letzten EP, Short Stories, habe ich mich an Papooz, aber auch an Maroon 5 erinnert gefühlt. Sam nannte eure Musik damals augenzwinkernd Peace-Pop.
Wie würdest du aktuell eure Musik bezeichnen?

Sascha: Short Stories kam im letzten September raus und wir haben seitdem schon wieder ganz viel neue Musik geschrieben. Die Platte selbst war für uns ein Sammelsurium von Songs, die in der Corona-Pandemie entstanden sind. Einfach um produktiv zu bleiben und sich selbst ein bisschen in dem Chaos zu finden, auch um rauszukommen. Die Songs sind immer an verschiedenen Orten entstanden. Weil wir nicht touren durften, war es irgendwie die einzige Möglichkeit aus unserem kleinen Loch in Stuttgart rauszukommen. Mal nach Berlin ins Studio zu gehen, auf’s Land zu fahren, auf die schwäbische Alb, um da Songs zu schreiben und aufzunehmen, oder nach Brandenburg. Und deswegen sind es so Fragmente. Es war nicht wie sonst, wir haben jetzt die und die Songs und gehen drei Wochen ins Studio und versuchen diesen Vibe im Studio aufzufangen. Sondern es war alles eher so ein hier und da.

Deshalb verstehe ich die Assoziation: Ah, auf der einen Seite ist es mal das und auf der anderen Seite ist es sehr produziert und auch elektronisch.
Ihr habt doch auch mit verschiedenen Produzenten gearbeitet, oder nicht?
Sascha wieder: Genau! Aus dem Antrieb Songs zu schreiben und mit neuen Leuten zusammenzuarbeiten sind dann eben diese verschiedenen Songs entstanden. Und dann war es eben das Ziel ein breites Spektrum abzuliefern. Das hat sehr viel Spaß gemacht und wir haben sehr viel gelernt. Wir haben zum Beispiel einen Song nur am Computer aufgenommen, wir haben viel mehr elektronische Elemente verwendet, wie bei Superstitious. Doch wir haben auch versucht organische Songs zu schreiben, die noch nahbarer sind, als zum Beispiel die Swabian Samba-EP, bei der wir auch alles live eingespielt haben. Es war ein großes “Sich neu-Kennenlernen” und die Songs, die wir jetzt geschrieben haben und teilweise auch heute Abend spielen, sind nach diesen Ausflügen wieder konkreter. Genauso wie die Antwort auf die vorige Frage, ob wir alles richtig gemacht haben, sagen würde ja, würde ich jetzt auch musikalisch sagen, dass vieles zusammenkommt. Dass sich das davor eher gestreut hatte und jetzt wieder einen roten Faden bekommt. Das ist die aktuelle Musik.

Social Media nimmt auch für euch als Band eine Menge Zeit in Anspruch.
Was nervt dich dabei am meisten und was bringt tatsächlich Spaß im Social Media-Game?
Sascha: Am meisten nervt die krasse Fokussierung auf das Medium, was ja auch der Zeit geschuldet ist. Und das darauf quasi alle Augen gerichtet sind. Auch dass es Live-Shows immer mehr die Bühne stiehlt, dass es die neue Bühne ist, auf der man sich präsentieren muss. Dieser Zwang und auch die krasse Frequenz, die man mittlerweile aufbringen muss, erzeugen halt Druck. Das ist schon etwas sehr nerviges. Jetzt sind wir ja wieder auf Tour und wir merken einfach, wie krass die Verbindung bei Live Shows sein kann und auch ist. Eben mit den Menschen, die uns gerne hören oder auch neu entdecken. Bei Social Media ist das immer was anderes. Das ist gleichzeitig aber auch das Schöne. Das Verbunden sein, sich austauschen  preisgeben zu können. Auch das Leute auf unsere Sachen reagieren können und verrückte, lustige, spannende Dinge schreiben oder Input geben können.

Aber ich glaube die Abhängigkeit von dem Medium und die krasse Frequenz, die man aufbringen muss, ist anstrengend, weil das voll den Fokus verschiebt. Da gab es auch letztens eine Bewegung, die von Künstler*innen angestoßen worden ist, wo einfach geschrieben wurde, wie viel Zeit das in Anspruch nimmt. Und dass da auch ein komplett anderes Know How, Wissen – eine Art und Weise sich zu präsentieren mit sich bringt. Gefragt ist eben, wie man sich präsentiert. Das kann man aber vielleicht gar nicht bringen oder hat das auch nicht gelernt. Aber das ist mittlerweile als Künstler*in so wichtig und dabei vergisst man dann Songs zu schreiben, weil man keine Kraft mehr dafür hat. Und das macht dann irgendwann den Ursprung der Musik kaputt – das ist schade!

In Superstitious und Stereo sieht man euch als Puppen und Statuen.
Ist es wirklich so schwer stillzustehen?
Sascha: Die Szene, die man da sieht, in der muss der Zoom ganz perfekt sein. Das muss man zigtausendmal nachdrehen. Und irgendwann verkrampft man so sehr beim Stehen. Es ist so, als würde man seinen Körper verlassen, wenn man die ganze Zeit so still dastehen muss. Man hat es gar nicht mehr im Griff – es ist wirklich anstrengend. Man versteift so. Ich meine, wir sind es doch gewohnt, uns ständig zu bewegen. Selbst wenn wir sitzen, selbst wenn wir schlafen, dann drehen wir uns! Also der Drang der Bewegung ist da und dann hört man auch noch diesen Song im Hintergrund und steht da stundenlang … Ich würde dich gerne mal in so ein Kostüm packen und sehen wollen, ob du es hinbekommst. Für uns war es schwer. Ich hoffe, dass alle Leute das nachvollziehen können – wir haben unser Bestes geleistet. Aber ja, das Ziel war, so still wie möglich zu stehen.

Quelle: YouTube, Rikas

Euer Album gab es in 2019, eure letzte EP ist bald ein Jahr alt.
Wie geht es nun weiter?
Sascha: Die Leute, die uns auf den sozialen Medien folgen, müssten gesehen haben, dass wir vor kurzem, vor der Tour, reisen durften – nach Los Angeles. Und ich weiß gar nicht, ob es so gut rüberkam, manche Leute denken vielleicht, dass wir da einfach nur Urlaub gemacht haben, so war dem nicht. Wir waren produktiv! Wir waren im Studio und haben neue Songs aufgenommen. Einfach aufgenommen, fertig gemacht und jetzt sind wir am Planen, wann und wie wir, diese Songs, in welchem Format, veröffentlichen wollen. Man darf gespannt sein. Dass was neues kommt, ist klar. Wann, kann ich leider noch nicht sagen. Und wir haben natürlich noch einen schönen Festivalsommer vor uns, den wir sehr genießen werden.

SaschaRikasRenesRedekiste

Der Festivalsommer von Rikas, vielleicht auch in deiner Umgebung? Die Termine findet ihr hier. Denn diese Kirsche auf dem Eisbecher namens Sommer will man nicht missen! Nun noch ein Dankeschön an die Band, in diesem Fall besonders an Sascha! Danke für all die schönen Erinnerungen in den letzten fünf Jahren – auf die nächsten fünf!

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1 Kommentar

  1. Henry 5. Juni 2022

    Moin René, sau schönes Interview! Liest sich sehr gut! Absolut sympathische Band! Sascha top Typ! Mehr davon!

    Groovige Grüße
    Henry

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