Es ist warm, die Haare sind lang und wir schreiben das Jahr 2010. Mit einem meiner besten Freunde schwitze ich im Uebel & Gefährlich, während wir auf Tomte warten. Es sollte der letzte Auftritt der Indie-Helden werden, dieser Tatsache waren wir uns aber nicht bewusst. Es wird Hit um Hit gespielt und am Ende treffen wir Thees Uhlmann für ein Foto in der Menge. Wir können unser Glück kaum fassen, für uns ist es so, als würden wir Bono treffen. Als Musik noch richtig groß war, wie Olli Schulz nun sagen würde. Erwähnenswert ist der endlose Schönheit der Chance-Singalong zum Ende des Konzertes und dass meine damalige Freundin mehr als pikiert war, nicht dabei gewesen zu sein. Ich kann sie heute noch verstehen.
Ein sprung in die gegenwart
Während ich diese Zeilen verfasse, trinke ich Kaffee und es läuft, oh Zufall, Knocking On Heavens Door. Wie passend, denn ich teile meine Erinnerungen nicht aus reinem Schwermut, nein, das Uebel & Gefährlich steckt wie andere Clubs in einer Krise. Der Schuldige? SARS-CoV-2. Leider kein weiterer Droide aus dem von mir und anderen geliebten Star Wars Universum, sondern, ach, da muss ich nicht viel erklären, Corona ist mittlerweile für jeden Menschen ein Begriff. Um eine rasante Verbreitung des Virus zu vermeiden, sind die Clubs geschlossen und nehmen somit kein Geld ein. Ergo? Genau, Rechnungen wollen weiterhin beglichen werden und hier nähern wir uns der Himmelspforte, wenn diese eben nicht bezahlt werden können. Wie da Abhilfe geschaffen werden kann? Lesen Sie weiter!
Wieder ein paar jahre zurück
Im Jahr 2012 kehre ich ins Uebel zurück. Die Kilians spielen, ich habe eine neue Freundin an meiner Seite, wir haben im Vorfeld Flyer verteilt – somit zum ersten Mal Gästeliste. Es ist nicht besonders voll, trotz toller neuer Platte ist der Stern der Kilians bereits am Sinken. Wir begegnen Marcus Wiebusch, fragen nach einem gemeinsamen Foto und zum ersten Mal wird mir bewusst, wie groß der Sänger der Band Kettcar doch ist. Wahnsinn! Dass ich ihn sieben Jahre später zum Interview treffen sollte, na, das hätte ich wohl nicht geglaubt. Wieder ist es ein schöner Abend in der dunklen Location. Gibt es eigentlich einen anderen Club mit solch einer Aussicht vom Klo? Unbeschreiblich! Es folgen andere tolle Konzerte, Tonbandgerät, mit dem grandiosen Patrick Richardt im Vorprogramm, Hurts (in diesem Rahmen – wow!) und als Beady Eye im Bunker auftreten, reise ich gerade durch Europa. Somit verpasse ich die einmalige Chance, mir von Liam Gallagher die Fresse polieren zu lassen. Und dann bleibt die Welt stehen.
2015
Ein spontaner Auftritt von Clueso (mit Tim Neuhaus) zieht mich wieder in die Feldstraße. Doch wird mir durch ein, nennen wir es mal Missverständnis, der Einlass verwehrt. Aber ich bin nicht alleine und wir ziehen alle Register. M und ich tauschen unsere Oberteile, ich setze seine Brille auf (Clark Kent lässt grüßen) und hochnervös treten wir beide über die Schwelle, lachen laut auf und haben es geschafft. Mit der Chefin und einer Freundin sind wir an diesem Abend ein Malle für alle-Publikum, asozial, aber nett, sprich, wir sind betrunken und laut. Es ist ein schöner Abend und wow, ist das schon wieder fünf Jahre her? Ein paar Jahre später folgt der Auftritt von Mule & Man im Rahmen des Reeperbahnfestival, Bonaparte stirbt in meinen Armen (selten war ich auf einem Konzert so perplex) und es ist eines der besten Konzerte im Uebel & Gefährlich! Das Clubkonzert von AnnenMayKantereit, das Konzert von Shame (that’s their fucking name), mit Locke in der Meute tanzend, verdammt, was für geile Erinnerungen ich erneut durchleben kann!
Back to the future
Aus einem Fenster des Turmzimmers über Hamburg schauen, der Verstand vernebelt, das Hochgefühl dauerpräsent, wird das immer noch möglich sein? Das vermag niemand zu versprechen, aber wir können die Wahrscheinlichkeit erhöhen. Ich betone: Können, niemand muss! Doch, wer auch weiterhin solche Erinnerungen schaffen möchte, es gibt die Möglichkeit Bares zu spenden! Um weiterhin im Uebel & Gefährlich feiern zu können, kann man hier etwas Geld parken: spenden@uebelundgefaehrlich.com
Da es sich um keine gemeinnützige Einrichtung handelt, obwohl dem allgemeinen genützt wird, ist das Ausstellen einer Spendenquittung nicht möglich. Die nächste Pflichtveranstaltung wäre übrigens am 14. Mai gewesen, Thorsten Nagelschmidt hätte aus seinem Buch namens Arbeit gelesen, doch auch diese Tour ist mittlerweile verschoben …