Renes Redekiste

Interviews & Polaroid-Fotografie

Talkboy

Nach der Tour mit Fizzy Blood habe ich gesehen, dass Tim und Jake auch in einer anderen Band spielen. Wie es dann so ist: “Ein Nebenprojekt, ach ja, kümmert mich nun nicht …” Irgendwann hat aber doch die Neugierde gesiegt und ich bin sehr froh darüber. Denn die Truppe aus Leeds spielt tollen Indie-Pop, der sich bei mir mit der Single Over & Under sofort einen Weg ins Gehör verschafft hat. Der Plan war also wie folgt:
Auf nach England, viele Fotos schießen, Bowling spielen, das Interview führen und mit viel Material zurück nach Hause kommen.
Das Resultat? Ein Foto, wir haben Bowling gespielt, viel getrunken und das Interview geführt. Und wir hatten eine Menge Spaß! Von daher, ein voller Erfolg! Also los, schlüpft in eure Bowling-Schuhe, und trefft Talkboy!

Könnte eure Band auch einen anderen Namen haben?
Pierce: Fontanelle (alle fangen an zu lachen).
Jake: Der schlimmste Band Name aller Zeiten!

Pierce: Weißt du, was das Wort bedeutet? Es ist der Kopf eines Babys, bevor sich ein richtiger Schädel gebildet hat.
Katie: Was hatten wir noch?
Tim: Weird Girls, Weird Boys …, eine Band zu benennen ist wirklich schwer. Jede Idee klingt dumm. Und dann kam Katie mit Talkboy um die Ecke.

Und somit habt ihr euch für Talkboy entschieden. Aber warum?
Katie: Wir hatten so viele beschissene Ideen. Aber dann, ich weiß gar nicht mehr wie das kam, habe ich über Spielzeug aus meiner Kindheit nachgedacht. Ich hatte ein Talkgirl und mein Bruder einen Talkboy. Und es gibt bereits eine Menge Bands, die den Begriff Girl im Namen tragen.
Tim:  Wir hätten auch Talkgirl sein können.

Katie: Nein. Es gibt wirklich schon viele Gruppen, die Girl im Namen haben. Ich mag Talkboy, das macht mir wirklich nichts aus.
Tim: Ich denke, als du es gesagt hattest, war es für uns schon klar, ja, das ist der Name!
Pierce: Der Name ist irgendwie im Studio entstanden. Als der Name aufkam, haben wir unsere ersten Singles aufgenommen.
Katie: Als wir Mother aufgenommen haben: Mother ist ein sehr nostalgischer Song, also habe ich über Dinge aus der Vergangenheit nachgedacht.
Tim: Ja man, Katie sagte es und wir waren uns einig, das ist der Name der Band. Tiefgründiger wird es nun nicht.
Katie: Viele unserer aktuellen Songs, nicht unbedingt die kommenden, aber die aktuellen haben viel mit dem erwachsen werden zu tun. Diese Herausforderung, erwachsen sein, zu bewältigen. Also hat es auch irgendwie Sinn gemacht, eine Ikone aus Kindheitstagen zu wählen.

Wir waren heute zusammen Bowling spielen.
Verbringt ihr oft Zeit als Freunde?
Wie man es auch im Video zu
Over & Under sehen kann?
Katie:
Ja, auf jeden Fall!

Tom: Wir verbringen eine Menge Zeit zusammen. Beim Proben, wenn wir einen Auftritt haben, oft auf diese Art. Und weil wir so eine große Band sind, ist es schwierig, dass sich einfach alle im Pub treffen. Aber wir treffen uns auch so und das ist toll!

Quelle: YouTube, Talkboy

Ich mag diesen Teil aus Over & Under ganz besonders:

Makes me think that
Maybe
It doesn’t really matter if you haven’t got the answer
Cos lately I’ve been feeling so down that I don’t really care how this turns out
So pick me up and spin me round so fast that I don’t know
If love is
Over rated underrated over rated underrated

Jake, glaubst du, dass wir zu viel nachdenken, wenn es um Liebe geht?
Katie: Es ist nicht meine Frage, aber ja!

Tim: Ja, zu 100 Prozent!
Jake: Ob wir zu viel darüber nachdenken verliebt zu sein? Ist das die Frage, die du mir stellst?

Ja!
Jake:
Ja man, ich denke schon. Weißt du, dieses romantische Denken ist ein großer Bestandteil der westlichen Kultur. Oder nicht? Ich glaube, dass Leute denken, dass sie das brauchen, um eine normale Person zu sein.

Pierce: Ich bin nicht der Songschreiber, aber ich sehe da Liebe wie Freundschaft. Ich sehe es nicht als ein Freund & Freundin, Freundin & Freundin, Freund & Freund, was auch immer-Ding. Es ist kein Liebeslied.
Tim: Es ist mehr so, weißt du, wenn du jemanden magst. Sei es deine Freundin oder nur ein Freund, du musst es nicht ausdrücklich sagen. Du musst es nicht komplizierter als nötig machen, nur weil du ständig diese lächerlichen Sachen sagen sollst.
Katie: Wir haben wirklich eine sehr idealistische Sicht darauf, wie man jemanden lieben sollte. Sei es nun jemanden in einer Beziehung oder als besten Freund zu lieben oder jemanden aus deiner Familie. Es gibt Zeiten, da hasst du diese Person. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass du sie liebst. Du musst dich nicht an dieser gesellschaftlichen Sichtweise festhalten, in der alles immer perfekt sein muss.
Pierce: Für mich geht es einfach mehr darum Liebe auszudrücken. Du musst es nicht die ganze Zeit sagen.
Tim: Das ist es!
Pierce: Darum geht es für mich in diesem Song.
Es ist nicht das, was du sagst, sondern was du tust.
Pierce: Ja man! Es ist was du fühlst. Du musst nicht ständig sagen, dass du jemanden liebst, um das zu wissen. Du liebst sie und sie lieben dich genauso.
Katie: Wenn dir jemand die ganze Zeit “Ich liebe dich” sagt, da flippst du doch irgendwann aus!
Alle müssen lachen.
Pierce:
Wenn du es sagen musst, ist es vielleicht gar nicht wirklich wahr.
Tim: Ich hatte die Idee für diesen Song, als ich aus meiner Heimat zurückkam, also dem Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Und ich habe mich wirklich seltsam gefühlt. Diese Leute dort, die habe ich mein ganzes Leben gekannt. Aber gleichzeitig hatte ich ihnen nicht viel zu sagen. Also kam ich echt traurig zurück und dachte: “Das ist doch irgendwie Mist. Ich kenne diese Leute mein ganzes Leben.” Aber dann habe ich da mal richtig drüber nachgedacht und dabei ist mir aufgefallen: Es ist in Ordnung. Weil ich auch andere tolle Leute habe. Und viele dieser Beziehungen sind genau so gut wie die früheren. Und das ist doch wichtig!
Das ist erwachsen werden.
Tim:
Ja man, das ist es. Ich musste das erstmal realisieren: Scheiße, ich bin diesen Leuten nicht mehr so nah wie mit 12 Jahren.
Katie: Das ist schon komisch, denn wir haben dich nie nach der Bedeutung gefragt. Aber ich mag die Geschichte dahinter.
Jake: Die Texte werden für die Menschen immer wichtiger. Wenn du genau weißt, worum es in einem Song geht, kannst du ihn noch immer genießen. Aber du kannst nicht mehr deine eigene Geschichte damit verbinden.

Wer ist denn verantwortlich für die Texte?
Katie:  Die Songs, die schon veröffentlicht sind, sind komplett von Tim. Wir haben alle an Mother gearbeitet, aber es war Tims Konzept. Einer der Songs auf unserer EP, Dragonflies, ist von jemand anderem geschrieben und das merkt man auch. Und ich finde das ganz gut. Er klingt noch immer total nach Talkboy, aber du merkst, dass er total anders ist.
Pierce: Das ist es. Wenn ein Song fertig ist, welcher auch immer, sind wir wirklich weit weg vom ursprünglichen Ausgangspunkt.
Tim: Ich denke, genau so sollte es auch sein. Wenn du in einer Band bist, musst du dich darauf einlassen. Ich bin in dieser Band, um mich mit einzubringen. Wenn du das nicht willst, dann sei nicht in einer Band.
Jake:
Spiel in einer Cover-Band!
Katie: Oder du machst dein eigenes Soloprojekt, wenn du nicht willst, dass andere an deinen Songs mitarbeiten.

Tim, die Geschichte, die du in Someone Else For You erzählst, ist sehr persönlich. Selbst wenn sie erfunden ist, ich weiß es nicht.
Tim:
Nein, die ist nicht erfunden.
Ist das nicht irgendwie komisch, sowas mit anderen Leuten zu teilen?
Tim: Ich denke, dass die Person, um die es in diesem Song geht, diesen nie hören wird. Von daher ist es mir egal.
Katie: Ich dachte, es geht um mich. Nicht um mich und Tim. Aber zu dieser Zeit hatte ich eine sehr ähnliche Beziehung, in der ich versucht habe jemand ganz anderes für eine Person zu sein. Als er mir den Song geschickt hatte, meinte ich nur: “Hast du verdammt nochmal einen Song über mich geschrieben?” Und da versicherte er mir, dass er das mal so erlebt hatte. Und ich dachte nur, dass das ganze trotzdem sehr zutreffend ist.
Tim: Für mich ist das ganze sehr Klischee behaftet.
Katie: Nein, ich finde nicht, dass es ein Klischee ist. Die Tatsache, dass ich den Song gehört habe und dachtest, du hättet über mich geschrieben, zeigt doch schon, dass es ein sehr persönlicher Song ist.
Tim: All die Worte in dem Song, das sind Dinge, die mir tatsächlich passiert sind. Selbst die erste Zeile, ja, so ist es in meiner Erinnerung passiert. Es ist natürlich irgendwie hart, sowas zu schreiben. Aber gleichzeitig, wenn du ehrlich mit dem Kram umgehst, wird dir klar, dass viele Leute mit der selben Scheiße klarkommen müssen.
Pierce: Ich denke, wir sind alle gleich (jeder muss lachen).
Katie:
Calum hat eine echt gute Bruce Springsteen-Version von dem Song drauf, willst du sie hören?
Pierce beginnt Someone Else For You wie Bruce Springsteen zu singen und alle fangen wieder an zu lachen.

Jake, du und Tim spielen auch in Fizzy Blood.
Was ist der Unterschied zwischen ihnen und Talkboy?
Jake:
Oh mein Gott.
Tim:
Es sind die Leute, es ist nämlich so …
Jake: Er hat übrigens mich gefragt! Verdammt, Jesus Christus! Was ist der Unterschied?
Es braucht etwas, aber dann: Es sind die Leute (alle lachen)!
Wir machen alle Musik aus demselben Grund, von daher ändert sich das Gefühl trotzdem nicht.

Heute habt ihr eure vierte Single veröffentlicht, Wasting Time.
Was kommt als nächstes?
Wieder eine Single und das ganze dann erneut?
Oder eine komplette EP, vielleicht sogar ein Album?
Tim:
Nun, das ist der Traum.
Was ist der Traum?
Jake: Der Traum ist, dass ich eines Tages eine dieser verdammten Toiletten habe, die mir den Arsch saubermachen und wenn ich aus dem Fenster schaue, kann ich das Meer sehen. Ich stehe vom Klo auf und kann das Meer sehen. Falle ins Bett und wache glücklich auf. Vielleicht habe ich sogar einen Hund. Und das ist der verdammte Traum!
Die ganze Runde muss laut lachen!
Pierce: Endlich haben wir eine Bedeutung!
Tim: Wir haben das gemacht. Single für Single veröffentlicht. Und das möchten wir wirklich ändern. Es macht zwar Spaß und es ist schön, den Zuspruch zu bekommen. Aber wenn du dich einer Band anschließt, willst du ein Album aufnehmen.
Katie: Wie Tim schon gesagt hat. Jeder träumt davon ein Album zu veröffentlichen. Gerade heutzutage, wo jeder versessen darauf ist, Singles zu veröffentlichen. Und ja, wir würden gerne an den Punkt kommen, ein Album zu veröffentlichen. Die Leute würden uns kennen und dann würden sie es auch hören wollen. Aber momentan müssen wir noch abwarten. Du möchtest kein Album rausbringen, darauf mächtig stolz sein und dann landet es im Müll, weil es keiner hört. Das wäre eine Verschwendung deiner harten Arbeit und der Songs, an die du glaubst.

Schlussendlich, ist David Bowie so gut wie die Beatles?
Tom:
Für mich ist es Bowie. Von den Beatles habe ich nur ein Album.
Pierce: Da muss ich nun aber einwerfen, dass es Bowie ohne die Beatles nicht geben würde!
Katie: Nein, nein, er fragt nicht, wen du bevorzugst. Er fragt, ob Bowie so gut wie die Beatles ist?
Tom: Oh, natürlich, ja!

Da wir über den Song sprachen, genießt diese Live- Aufnahme von Mother:

Quelle: YouTube, Talkboy

Text & Interview: René Biernath
Instant Film: Mickey Mouse 90th Anniversay Edition, For Use With 600

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