Renes Redekiste

Interviews & Polaroid-Fotografie

Sion Hill

Das Interesse für Sion Hill wurde durch einen Newsletter des Clouds Hill-Studios geweckt. Einige Zeit später live gesehen, begeisterte uns der junge und charmante Musiker aus Irland vom ersten Moment an. Was folgte, waren ein paar andere schöne Auftritte in Hamburg, die mit tollen Erinnerungen verwoben sind. Diese waren unter anderem im Clouds Hill, im Vorprogramm von Peter Doherty und auch am 27. Mai auf dem Stadtfest in St.Georg. Vor diesem Auftritt waren wir mit ihm zum ersten Interview von Renés Redekiste verabredet. Jana bringt ein paar Kurze mit und ich komme von einem Junggesellenabschied. Was für Grundvoraussetzungen.
Wir machen es uns alle in einem Hinterhof gemütlich und freuen uns auf das Gespräch. Viel Spaß!

Okay, lass uns mit zwei wichtigen Fragen anfangen.

Schnaps Nummer 1, Cheers!

Ich erinnere mich an die letzten Male, als wir dich gesehen haben. Du hast immer sehr besondere Socken getragen.
Was für Socken trägst du heute?
Heute sind es nur die schwarzen Socken.

Ja, aber da ist ein Truthahn drauf.
Ist da ein Pinguin drauf?

Nein, das ist ein Truthahn.
Ich kenne diese Socken nicht. Ich habe da immer dieses Problem. Du kennst den Feuerzeug- und den Sockendieb? Die arbeiten zusammen.
 
Der Sockendieb?
Der Sockendieb, nun ja, du kennst das doch. Du packst 10 Socken in die Waschmaschine und bekommst 5 zurück. Wo zur Hölle sind die hin? Und manchmal bekommst du neue, wie diese schwarzen hier. Du nimmst die Socken und sagst dir: Okay, ich nehme sie.
Das ist toll. Aber das sind nicht die Socken, die ich haben wollte. Doch es ist in Ordnung.
Man, welche Socken habe ich denn beim letzten Auftritt getragen? Ich kann mich nicht erinnern.
 
Die mit der Ananas.
Jaa, die Ananas-Socken. Ich glaube, lila Ananasfrüchte sind ein Symbol für Wohlstand. Ich bin nun nicht sehr wohlhabend. Aber ich mag es ein Zeichen des Reichtums zu involvieren.

Wusstest du das? Hast du das jemals vorher gehört? Ananasfrüchte sind ein Symbol für Wohlstand. Auf Jamaika, an solchen Orten ist das so.
Große Frage: Was ist deine liebste tropische Frucht?
Das ist jetzt eine gute Frage, die solltest du ab jetzt in deine Interviews einbauen. Was ist deine liebste tropische Frucht?
 
Hmm, möglicherweise ist es die Ananas. (Nate wendet sich an Jana)
Was ist mit dir?

(Jana) Oh nein, ich habe keine liebste tropische Frucht.
Nein?

(Noch Jana)
Wir haben eine bessere Frage, Star Wars oder Star Trek?
Star Wars natürlich!

Warum sollte man Star Trek antworten? Was stimmt denn nicht mit jemandem, der Star Trek sagt?

Also ist es Star Wars!

Schnaps Nummer 2, Cheers!

Wir verfallen in eine vertiefte Unterhaltung über Rey, gespielt von Daisy Ridley, hier ein kleiner Ausschnitt:
Eine Frau mit einem Lichtschwert, komm man!
Sie ist super cool, ich mag das. Ich mag die Idee dahinter. Es war immer ein Typ. Du weißt, Luke Skywalker, dann Anakin Skywalker, es war immer ein Kerl. Und nun ist diese Frau der Schwerpunkt. Das ist cool, das ist interessant, das ist schön. Ich mag die Veränderung.

(Jana klinkt sich ins Gespräch ein.) Aber Anakin ist der beste!
Nein, nein, nein, nein. Wirklich?

(Jana) Ja!
Darth Vader? Komm, du begibst dich hier auf die dunkle Seite.

Oh, das ist eine echt interessante Geschichte. Du weißt, einige Leute gehen damit so um: Hör auf, die ersten drei Episoden sind scheiße.
Aber dann kann ich noch entgegnen: Wenn du die Bücher liest, sie sind wirklich voller Verzweiflung …
(
Jana unterbricht.) Keiner liest die Bücher, dich ausgenommen.
Ja man, keiner liest die Bücher. Okay, vielleicht lesen ein paar Leute die Bücher. Aber Star Wars? Das sind die Filme!

Bei Game Of Thrones kann ich das verstehen, ich habe die Bücher gelesen. Die sind wirklich unglaublich! Aber die Fernsehserie ist auch krass!
Ich weiß nicht, ob du die Serie gesehen hast, aber der neue Trailer ist gerade rausgekommen. Oh mein Gott, ich bin total aufgeregt!

Das hier ist interessant, Sion Hill hat als Duo begonnen.
Ja.

Was ist passiert?
Es hieß nicht Sion Hill, wir nannten uns Arizona Kings.

Wir haben so ein bluesiges Soul-Ding gemacht, ich weiß auch nicht. Sehr blueslastige Musik. Mein Kollege Joey, aus Irland, er ist einer meiner besten Kumpels, seit dem wir zehn Jahre alt sind.
Wir haben zusammen Musik gemacht, er ist ein toller Gitarrist, aber diese Sache mit dem Reisen, weißt du, das ist nicht jedermanns Sache. Als Musiker reist du viel rum und Joey stand da nicht so drauf, auf dieses hin und her. Und er hatte eine Freundin, Lianne, ein tolles Mädchen, aber sie sah das genauso. Wir sind zusammen nach Berlin gezogen und sie haben die Stadt nicht gemocht. Es war die Atmosphäre dort, oder was auch immer. Ich habe das verstanden, weil sie aus einer kleinen Stadt in West Cork kommen, Bantry. Eine wunderschöne, kleine Stadt am Meer. Und ja, sie wurden ein wenig von der ganzen Stadt überwältigt.
Vielleicht war es das, ich weiß es nicht. Er war sich nicht mehr sicher und wir sprachen bereits eine Weile darüber, daher sagte ich zu ihm:
Möchtest du mit der Band weitermachen? Oder was möchtest du tun?
Also schlug ich vor: „In Ordnung, wir haben seit 6 Monaten keine Shows mehr gespielt. Lass uns ein paar Shows spielen!“
Somit habe ich eine Tour durch Irland und Großbritannien organisiert und wir sind zwei Wochen mit der Band getourt. Und es war fantastisch. Aber am Schluss musste ich es wissen:
Hier am Ende der Tour musst du eine Entscheidung treffen. Möchtest du weitermachen? Oder nicht?“ Aber es ist halt besser erst die Shows zu spielen, zu sehen, wie es funktioniert, für die Leute zu spielen und ein Gefühl dafür zu bekommen.

Schnaps Nummer 3, Cheers!

Das Gefühl muss sich entwickeln und wenn du das inne hast, dann kannst du endlich herausfinden, ob es du etwas für dein Leben machen willst. Oder ob es du total ändern willst und das andere fallen lässt. Komplett damit aufzuhören.
Am letzten Tag sagte ich also:
„Okay man, triff jetzt deine Entscheidung, das ist es nun.“
Und er entschied sich aufzuhören und das ist cool.

Also hast du dich entschieden weiterzumachen.
Ich wollte sowieso weitermachen. Es war eine gemeinsame Sache, es war kein Zusammenbruch, es war nicht so, dass er gefeuert wurde oder einfach abgehauen ist und wir keine Freunde mehr wären.

Wir unterhalten uns noch immer, wir unternehmen was zusammen. Aber er macht nun sein eigenes Ding, es ist cool. Er arbeitet momentan an einer Blues-Scheibe, Joey Weidner, du solltest mal reinhören. Gerade ist er mit den Aufnahmen fertig geworden, letzte Woche ungefähr.

Es ist ja nicht falsch, er hat halt eine Entscheidung getroffen.
Das ist okay.
Aber es ist interessant zu sehen, wie sich das entwickelt hat und wie es etwas total anderes wurde, als wie es begonnen hat.

Tatsächlich war es so, bevor ich mit Joey in diesem Duo gespielt hatte: Also, wir gingen zur selben Schule und wir haben Musik gemacht. Aber als wir die Schule verlassen haben, ging er auf ein College und er studierte Musik und ich studierte sowas wie Betriebswirtschaft. Spielte Musik für mich, nur die Akustik-Gitarre. Ich war nur zum Spaß auf der Bühne. Ich hatte nicht wirklich geplant Musiker zu werden oder sonst was, aber es passierte und schließlich bin ich einer geworden und das ist cool. Aber Joey wollte es, Musik machen, somit haben wir verschiedene Dinge getan, er hat in einigen Blues-Rock Bands gespielt, ich spielte für mich und dann spielten wir wieder zusammen. Und nun ist es wieder so wie vorher, bevor ich mit ihm spielte. Weißt du, jedenfalls, um die lange Geschichte kurz zu halten, wir trennten uns im September, er ist einen anderen Weg gegangen und ich habe irgendwie meinen eigenen fortgesetzt. Und ja, das ist es.
Aber es hat als Duo begonnen, das ist schon interessant. Ich denke, du musst durch verschiedene Abschnitte gehen und auch durch verschiedene Situationen. Du kannst nicht nur in einer Band spielen oder alleine, weißt du? Ich meine, da hast du Ed Sheeran, der immer alleine spielt, aber er spielt mit verschiedenen Künstlern im Studio. Weißt du, ich hasse das, das ist nicht mein Ding. Led Zeppelin, die waren eine Band. Es war wie:
Led Zeppelin, schon alleine der Name. Wie der entstanden ist: „Sie werden abstürzen wie ein bleiernes Luftschiff“, das war es. Und was ist ein bleiernes Luftschiff? Es ist ein Zeppelin. Etwas im Himmel. Ein Zeppelin, Led Zeppelin. Sie waren alle unglaublich talentierte Musiker, die dort zusammen kamen.

Sie sind es noch immer.
Ja! Sie sind also in dieser Gruppe gelandet und hatten davor verschiedene Karrieren, auch danach. So funktioniert es. Weißt du, immer mit den selben Leuten zusammen zu sein …, aber manchmal passiert es und es funktioniert. Wie bei U2. Die selbe Band, seit dem sie 16 waren. Das ist doch verdammt großartig! Und dann zu sehen, wie sie vorangekommen sind als Gruppe, sie sind noch immer eng verbunden. Es ist hier genauso. Ich habe eine Band gefunden, ich spiele heute Abend mit einer Band.

Also hast du sie hier in Hamburg gefunden?
Ja, ich habe diese Typen in Hamburg getroffen und sie sind alle unglaubliche Musiker. Aber ich habe eine Menge unglaublicher Musiker getroffen und auch mit ihnen Musik gemacht. Und ich kann auch mit ihnen spielen, wenn ich es will. Aber wen du dir aussuchst, dass sind die Leute, mit denen du auch so klar kommst. Du gehst ein Bier mit ihnen trinken, du hast Spaß, fühlst dich wohl, es ist wie …

Wie eine Gang.
Du kommst mit den Leuten in Kontakt. Ja, es ist wie eine Gruppe. Du triffst ihre Freunde, sie treffen deine Freunde und ihr habt alle dieses Etwas.

Ihr versteht euch alle gut.
Genau! Es geht halt nicht nur um die Musiker, es geht darum, wie sie miteinander arbeiten. Du kannst den besten Schlagzeuger der Welt haben, aber wenn du musikalisch nicht mit ihm klar kommst, es nicht Klick macht … Weißt du, ich hatte erst einen anderen Schlagzeuger, der mit dem Bassisten gespielt hatte. Schlagzeug und Bass sind ein enormer Teil des Fundaments der Musik, die mit einer Band einhergeht. Bass und Schlagzeug arbeiten zusammen. Da wo der Bass mit der Kick Drum arbeitet. Also müssen der Schlagzeuger und der Bassist wirklich eine Verbindung haben. Und in der damaligen Situation kamen sie nicht miteinander klar. Es hat nicht funktioniert. Es war ein Aufeinanderprallen. Sie waren beide sehr, sehr gut, aber es war wie …

Es hat etwas gefehlt, ja?
Richtig. Es ging nicht Hand in Hand, es war eher wie zusammenprallende Köpfe. Und so war es. Wie dem auch sei.

Wir haben nun über all die wichtigen Sachen gesprochen. Star Wars, deine Socken, sowas halt. Nun lass uns über deine Musik sprechen. Deine aktuelle Single Beaches. Der Text in Kombination mit dem Musikvideo …

Quelle: YouTube, Sion Hill

Du erinnerst dich dadran, du hast es in New York gedreht. (Wir fangen zu flachsen an.)
Welches war das jetzt? Ich erinnere mich nicht daran.

Warte, du spazierst am Strand herum, warst in der U-Bahn und es war ungefähr so: „Oh, komm, ich bin so fetzig, ich bin Sion Hill! Ich bin hier in New York und wir haben hier eine tolle Zeit.“
Ich werde es dir erklären, was wir versucht haben war …

Aber warte, hier liegt nicht die Frage. Also in der Kombination mit dem Musikvideo und deinem Shoutout an deinen Freund Laners.
Ja, ja, mein bester Freund Laners!

Ja man, das war echt eine lustige Sache. Es wirkt wie eine Gesellschaftskritik und ein Appell an die Leute. Ich meine du sagst: Los! Schmeißt eure verdammten Smartphones weg! „Press no buttons, live by the sunlight and the moon“. Du weißt, was ich meine?
(Ich stelle es nochmal drastisch in einem Beispiel dar)
Jeder scheint nur noch so zu sein:
„Oh yeah, ich sitze hier mit Sion Hill.“
„Das ist wirklich beeindruckend“
„Oh ja man, er hat geredet, aber ich keine Ahnung, über was er sprach.“
Genau das ist es.

Es ist furchtbar. Ist das eine Botschaft?
Ja man, das ist eine Botschaft. Genau. Du hast es! Das ist toll.
Okay, okay, noch einer (Nate bezieht sich auf den gereichten Kurzen).
 
Schnaps Nummer 4, Cheers!
 
Also haben wir hier den Shoutout an Laners. Ich denke, damit können wir weitermachen. Da hast du diese Geschichte erzählt, wie er von den Schwänen attackiert wurde. Du hast ihn nach 6 Monaten in dieser Sushi-Bar getroffen und er hing nur an seinem Smartphone. Ich glaube, du warst sehr frustriert.
Ja man.
 
Also wie formuliere ich dadraus eine Frage. Was stimmt nicht mit den Leuten? Warum ist es so wichtig, die ganze Zeit mit jedem verbunden zu sein? Es ist ja nun nicht so, dass es um etwas wichtiges geht, es geht nicht dadrum, dass jemand gerade ein Kind bekommen hat und man nach Babyfotos fragt. Nein, es ist eher so:
„Was machst du?“
„Ja, ich bin scheißen.“
Und dann schickt man sich Bilder und alle feiern es. Du weißt, was ich meine? Es ist nicht wichtig.
Nicht ganz.
 
Die Leute versäumen die wichtigen Verbindungen, das Gespräch zwischen … Menschen.
Ja, das ist wahr, das ist es. Darum geht es. Als Beispiel:
Mein Smartphone, das ich jetzt habe. Ich hatte mir ein iPhone 7 vor drei Monaten gekauft und es wurde mir zwei Tage später gestohlen. Ich war bei Burger King und ich saß halt am Tisch. Und bei Burger King, diese Pommes bei Burger King, sie haben nie genug Salz. Hier ist es anders. Die Burger King-Pommes sind hier echt gut, aber die Pommes von McDonald’s sind scheiße. In Irland sind die Pommes von McDonald’s gut, aber die bei Burger King haben kein Salz. Also.
Ich hatte mein Smartphone auf dem Tisch liegengelassen, ich war mit zwei Freunden dort. Ich sagte zu ihnen, sie sollen auf mein Telefon aufpassen, als ich aufstand, um Salz zu besorgen. Ich war 30 Sekunden weg, kam wieder und mein Telefon war weg. Und einige Leute rannten zur Tür. Also habe ich sie verfolgt. Sie waren 16 Jahre alt oder so. Ich laufe ihnen die Straße runter hinterher und … (fängt an zu lachen), diese kleinen Scheißer. Auf einmal sind da zehn Leute. Zehn Typen. Sie drehen sich alle um, aber sie waren halt so um die 16 Jahre alt. Klar wollte ich mein Telefon wiederhaben und mich auch mit ihnen prügeln. Aber es waren zehn von der Sorte. Also einer gegen zehn. Das funktioniert nicht. Das wäre schon peinlich gewesen, es auszuprobieren sich mit zehn 16-jährigen zu prügeln. Somit war mein Telefon weg und ich bekam das hier von meinem kleinen Bruder.
 
 
Es ist etwas kaputt, deshalb habe ich es mit diesem Klebeband justiert. Jeder weiß, dass es meins ist, weil gelbes Klebeband drauf ist und es scheiße aussieht, aber ich benutze es. Ich habe keinen Telefon-Vertrag. Ich benutze es nur über WiFi. Wenn ich mich um meine E-Mails kümmere, WhatsApp, schreiben, facebook, ich mache es dann über diese Internetverbindung, alles andere ebenso. Ich mag es nicht ein Telefon bei mir zu haben, wenn ich unterwegs bin. Weißt du, ich würde es für Fotos gut finden und ja, für Tonaufnahmen benutze ich mein Telefon, wenn ich einen Song schreibe. Das nehme ich auf meinem Telefon auf. Um Fotos zu machen, ja, da fehlt es mir. Ich möchte eine tolle Kamera haben, wie du sie hast. Es ist echt schön, sowas zu haben, aber jeder benutzt nun sein Telefon für sowas. Ein iPhone, weil die Qualität so unglaublich gut ist. Es ist nicht zu fassen. Das iPhone 7, das iPhone 8, was auch immer es wird, die Qualität ist echt verblüffend, es ist unglaublich. Auf jeden Fall, der Punkt ist, wenn ich unterwegs bin, wenn ich Leute treffe, dann spreche ich mit ihnen. Ich lasse mich auf das Gespräch ein und es geht nicht um: „Oh, lass uns ein Foto machen, lass uns facebook-Freunde sein.“ Wenn ich sie am Ende des Gesprächs wiedertreffen möchte, dann frage ich sie nach ihrer Nummer und schreibe sie mir auf ein Stück Papier. Es hat natürlich auch sein gutes. WhatsApp ist super, die Telefone sind toll. Aber wenn du jemanden triffst, wie meinen Freund Laners. Sein Name ist James Lane, ich nenne ihn Laners. Also wenn du jemanden triffst und ihr setzt euch und ihr habt euch lange nicht gesehen. Und dann sitzt du da und die andere Person ist nur mit ihrem Telefon beschäftigt, dann ist das Gespräch ruiniert. Weil sie nur an ihren Telefonen sind, sie lassen sich nicht darauf ein. Das ist der Punkt bei „Beaches“. Das war die Idee. Und jeder denkt, es wäre „move to the bitches“.
 
(Wir fangen an zu lachen.) Wir haben das auch gedacht. Es ist „Beaches“, aber …
Es ist was immer du willst. Ich mag es nicht Texte zu erklären.
 
(Jana beginnt zu singen: „So I’m not choking.“ Ich fange an zu lachen.) Wir sind halt ein bisschen verrückt.
Oh, nein, nein. Das stimmt schon. Ich habe diese Zeile mit Absicht eingebaut, als Witz. Schon aus Prinzip.
 
Oh, wirklich?
Ja, „joking-choking“. Ich habe das reingenommen, im Original war es nur „joking“, aber ich habe es im zweiten Vers in „choking“ geändert, weil ich dachte, das wäre witzig. Ich meine, das „Beaches“-Video, das ganze Video, das Konzept war so:
Hin da, in New York sein, wie im Urlaub, richtig? Die Idee war, dass es so aussieht, als hätte jemand viel Geld in mich reingesteckt, um nach New York zu gehen. Das war die Idee, es so aussehen zu lassen.
 
Aber so war es nicht, oder?
Nein, nein, ich war im Urlaub, um einen Freund zu treffen.
 
Also hast du dein Geld ausgegeben.
Yeah, genau. Ich hatte wirklich günstige Flüge gefunden, für 400€ nach New York und wieder zurück, das ist nichts. Ich war dort also mit einem Freund, er ist ein Filmproduzent und er ist mein Cousin. Er hat auch das erste Video gemacht (Nothing’s Wrong With Loving You).
 

 
Er ist echt ein guter Filmproduzent. Sein Name ist Nathan Barlow.
Schnaps Nummer 5, Cheers!
Keinen mehr, das ist der letzte (bezieht sich auf den Schnaps). Dieser Typ, Nathan Barlow, ein toller Filmproduzent, er hat eine wunderschöne Kamera, die Sony A7SII. Es ist eine großartige Kamera. Kennst du die? Die funktioniert echt toll bei schwachem Licht, wenn es etwas dunkel ist.
 
Ich bin nicht so sehr mit Kameras vertraut, aber ich kenne das Video und das war toll, Cheers!
Auf jeden Fall waren wir dort und er filmte die ganze Woche. Wir waren sechs Tage da und er filmte einfach alles und machte Fotos. Und dann hat er das Video gemacht. Das „Beaches“-Video in New York. Der Punkt ist, das es aussieht, als wäre es ein Video mit hohem Budget, nach New York fliegen und so. Das war die Absicht. Aber das ist die Ironie. Und ich kann drüber lachen, weil es keiner kapiert. Sie sehen das Video und denken dann: „Oh, irgendein Label hat sie dafür bezahlt.“ Aber für mich ist es so. Ich habe es selber gemacht, ich habe das Video selber gemacht. Ich wollte der Musikindustrie ein Schnippchen schlagen und es ihnen zeigen, wie sie heutzutage drauf sind. In den 90ern hatte man noch diese Videos, wie von Blur, dieses Blur-Video, es ist unglaublich. Dieser Milch-Karton, erinnerst du dich daran? Ich habe dieses Interview mit Mac DeMarco gesehen, genau. Und er sprach über diese Blur-Videos, das eine mit dem Milch-Karton, kannst du dich echt nicht erinnern? Dieser Milch-Karton? (Ich habe mich erkundigt, es ist Coffee And TV.) Das hatte noch Anspruch.
 
Ich kann mich nicht daran erinnern und das Video kenne ich auch nicht.
Da war noch eins, dieses Stop-Motion Ding. Ah, verdammt, wie war sein Name? Dieser Typ, Peter Gabriel. Er hatte dieses animierte Stop-Motion-Video (Sledgehammer). Ja und heutzutage ist da ein Typ am Strand, das ist alles. Ein Typ in einer verdammten Stadt. Ein Typ im Wald. Und das ist so langweilig. Ich mag die alten Videos, als die Labels noch Geld hatten. So war das damals. Es hat sich geändert. Labels haben nun kein Geld mehr. Aber in den 90ern, als die Labels noch Geld hatten, haben sie das Geld in Videos gesteckt und sie haben interessante, lustige und coole Videos gemacht. Nun ist es im wahrsten Sinne des Wortes nur noch ein Typ an einem verdammten Strand. Und mein Video beruht auf dieser Idee. Ich gehe halt durch die Stadt, bin am Strand, aber das ist ein Witz. Ich mache mich über die Musikindustrie lustig. Das coole daran ist, dass es keiner versteht. Nur ich genieße den Witz an der Sache.
 
 
Aber du feierst auch das Clouds Hill-Label mit deinem Pullover, das war echt cool! Ich habe diesen Moment sehr genossen, als der Clouds Hill-Pullover drüben in New York zu sehen war.
Ja, den habe ich mit Absicht mit reingenommen. Ich mag ihren Merchandise. Es ist schön. Das Clouds Hill-Label, das ist echt cool man! Es ist unabhängig, alles ist analog. Dieser Kerl, Johann Scheerer, er ist mit der ganzen analogen Aufnahmetechnik vertraut, er findet die richtigen Töne. Ich mag es, wie er Musik aufnimmt, ich mag ihn als Produzenten, aber ich mag ihn auch als Typen, er ist ein guter Freund von mir. Ich denke, er ist sehr interessant. Er hat eine tolle Art zu denken. Deshalb habe ich lieber bei diesem Label unterschieben als bei einem großen Label, wo sie dir sagen, was du zu tun hast.
 
Also hättest du woanders hingehen können?
Ja, ich hatte am Anfang einige Angebote von einigen großen Labels aus Irland und aus Großbritannien.
 
Oh, und die hast du ausgeschlagen?
Ja, weil ich die Idee vom Clouds Hill mag. Es ist schön und klein, du behälst deine Unabhängigkeit, du machst halt das was du willst. Ich meine, das größte Problem für einen Künstler ist es, ein Album zu finanzieren. Wie du ein Album aufnimmst, das ist sehr teuer. Du möchtest in einem guten Studio sein? Vor allem, wenn du ein Solo-Künstler bist. Ich meine, ich kann all diese Instrumente spielen. Ich kann das Schlagzeug spielen, den Bass, Piano, Gitarre, Sachen am Synthesizer, was auch immer. Weißt du, ich bin kein Experte darin. Da ist kein unglaublich perfektes Timing bei all den Sachen, aber ich kann sie alle auf einem annehmbaren Level spielen. Wenn ich es will, kann ich sie spielen. Natürlich kann ich bis zu einem gewissen Level Schlagzeug spielen, aber das ist nichts gegen den Schlagzeuger, mit dem ich jetzt spiele, dieser Schlagzeuger ist unglaublich. Er kann all diese verschiedenen Dinge, ich kann das nicht. Aber ich habe den Takt in meinem Kopf, so dass ich weiß, wie das Schlagzeug in diesem Song sein sollte. Und ich mag es zu versuchen, diesen Rhythmus zu übersetzen. Also wenn ich ihn ein wenig spielen kann, nicht so, wie sie es könnten, dann kann ich ihnen aber eine Veranschaulichung geben. Dann können sie ihn mir zeigen, sie können das aus meinem Kopf herausbekommen.
 
Also bekommen sie deine Idee und entwickeln diese?
Ja, aber ich brauche das, ich finde, du musst in der Lage sein, ihnen dieses Zeug zeigen zu können. Da sind sehr viele Leute, die nur Sänger sind, weißt du, Sänger, die keine Instrumente spielen. Und sie versuchen ihre Idee mittles Beatboxing zu transportieren oder sie machen es halt mit ihrem Mund und das ist auch cool. Aber ich denke, es ist echt schön das Instrument zu spielen. Also hätte ich es gewollt, hätte ich das Album günstig alleine aufnehmen können. Ich habe mir aber ausgesucht, es mit Musikern zu tun, das ist teuer, da kommt das Label ins Spiel. Sie haben Kontakte, sie haben das Geld, um dir helfen zu können, das Album aufzunehmen, es zu vermarkten, es rauszubringen und so weiter. Ja, da kam das Clouds Hill. Dieses analoge Aufnehmen. Das Studio ist wunderschön, die ganze Gegend, die ganze Kulisse, ich mag die Atmosphäre des ganzen und deshalb habe ich es ausgewählt.
 
Okay, das klingt richtig.
Ich habe hier die Setlist von deinem Auftritt im „Why Not?“.
 
 
Also Song Nummer 3, „Elephant“. Dein Album, dass im Herbst rauskommt (so hieß es noch im Mai), wird auch „Elephant“ heißen. Was ist so besonders an diesem Stück, dass du dein Album danach benannt hast? Ich habe es mir vor einigen Stunden angehört, als du es bei „World Wide Wohnzimmer“ gespielt hattest. Das waren schreckliche Moderatoren, aber das ist eine andere Sache (wir fangen beide an zu lachen), ich war echt geschockt.
Nun, was ist so besonders dadran?
 
 
Es ist nicht der Song. Es ist die Idee. Das ganze Album ist eine sehr hoffnungsvolle Botschaft. Es geht darum Hoffnung im Leben zu haben. Weißt du, der Großteil der Welt ist so arm und lebt unter schrecklich furchtbaren Umständen. Und sie gehen durch eine Menge Scheiße und müssen mit diesem ganzen Mist umgehen. Was auch immer sie tun, was auch immer du versuchst zu tun. Und dieses Drama ist allgegenwärtig. Die Idee ist, dass ich versuche eine Botschaft der Hoffnung zu verbreiten. Du weißt, dass es schlechte Dinge gibt, aber sie können auch gut sein, wenn du sie einfach gut machst. Weißt du, wenn du mit ein paar netten Leuten abhängst, ein paar Drinks zu dir nimmst, ein wenig rauchst, …
 
So wie hier! (Ich zeige in unsere Runde.)
… drüber sprichst, ja, genau! Du kannst wirklich am schlimmsten Ort der Welt sein, aber wenn jemand nett zu dir ist, kannst du dein ganzes Leben von Grund auf ändern. So sehe ich das. Es ist so, üblicherweise wache ich am verdammten Nachmittag auf und das ist dann, wenn ich nicht arbeite, so drei Uhr. Und dann bin ich bis sechs Uhr morgens unterwegs. Aber das ist verschieden. Wenn jemand einen beschissenen Tag hatte, dann sind sie gegen sechs Uhr abends so drauf: „Verdammter Tag, so eine Scheiße!“. Und dann gehen sie in eine Bar um etwas zu trinken und wollen nur ihren Kummer ersaufen. Aber ich gehe dort hin und vielleicht treffe ich sie, rede mit ihnen und verbreite so etwas Hoffnung. Und ich versuche das mit meinen Songs zu tun und das ist die ganze Botschaft. Also dieser Song, „Elephant“, die meisten der Songs oder auch das Album handeln davon. Vor zwei Jahren haben ich in Berlin auf der Straße gespielt und ich war in diesem Tunnel. Ich habe in diesem Tunnel gespielt, weil ich keinen Verstärker hatte. Ich hatte nur meine Gitarre und meine Stimme. Ich spielte in dem Tunnel, er hat mir Schall und Volumen gegeben. Und ich traf diesen obdachlosen, polnischen Typen. Er war so 22 Jahre alt, 22, 23 Jahre alt. Er hatte nie Schuhe an und seine Klamotten waren total kaputt. An einem Tag hatte er eine echt schöne Jacke an, er hat offensichtlich Sachen geklaut. Er kam immer in den Tunnel, saß dort vor mir und hat mir Stunden zugeschaut und zugehört. Und er hatte niemals …, nun ja, ich habe halt Straßenmusik gemacht und ich versuchte Geld zu machen, in dem ich einige Songs spielte. Leute gingen an mir vorbei und schmissen Geld rein, einige hielten an, hörten zu und gaben mir etwas Geld. Dieser Typ konnte mir halt kein Geld geben, weil er arm war. Also saß er da, aber er hatte sich immer diese Elephant-Dosen gekauft, dieses Bier von Carlsberg. Elephant, genau. Die schwarze.
 
(Ich beginne zu lachen.) Das starke, ja man!
Ja, es hat irgendwie 12% (Es sind 10,5%). Er sitzt dort also, trinkt dieses Zeug und bietet mir etwas an, weil er mir kein Geld geben kann. Er gibt mir eine Dose Elephant, er hat sie vielleicht gestohlen oder was weiß ich. Es war immer warm. Ekelhaftes Bier. Scheußlich schmeckendes Bier, sehr warm und ich habe es halt getrunken. Ich wollte damit nett zu ihm sein und Dankbarkeit ausdrücken, weil es eine nette Geste war, dass er mir eine seiner Dosen gab. Er hat kein Geld und sein Leben ist halt das trinken. Also sagte ich „Prost!“ und trank diese Dose Elephant mit ihm. Eines Tages spielte ich „Under The Bridge“. Ich habe diesen Song immer gespielt, „Under The Bridge“ von den „Red Hot Chili Peppers“. Und da waren diese ganzen Touristen, trinkende Touristen, die nach Berlin kamen und sie zogen durch die Stadt zu verschiedenen Bars. Und auf ihrem Weg kamen sie durch meinen Tunnel. Diese große Gruppe von 20 oder 30 Engländern, Schotten, Walisern, Amerikaner, Australier, was auch immer. Wann auch immer sie durch den Tunnel gingen, spielte ich „Under The Bridge“. Weil ich war halt unter einer Brücke und spielte den Song und sie liebten es. Damit habe ich echt eine Menge Geld gemacht. Aber ich habe auch dafür gesorgt, dass die Leute dadran Spaß haben, sie genossen es und das hat Spaß gemacht. Und dann fragt mich dieser Typ also:
„Du spielst immer Stücke von den „Red Hot Chili Peppers“. Die meisten ihrer Songs handeln von Sex. Hast du irgendwelche Lieder über Sex?“
Und ich meinte nur:
„Ja, vllt, aber nicht auf dieser Platte. Eigentlich habe ich gar keine Songs, weil ich die Platte noch nicht fertig habe.“
Und dann dachte ich mir: „Oh, vielleicht sollte ich speziell einen Song über Sex schreiben.“ Und das habe ich mit Elephant gemacht. Es geht um sexuelle Begegnungen, die ich hatte und ich nannte ihn „Elephant“. Das Wort taucht gar nicht im Song auf, aber ich nahm es.
(Die folgenden Sätze mag ich nun nicht übersetzen, weil es meiner Meinung nach der Aussage jeglichen Sinn raubt.)
Whats the elephant in the room in most situations? When you are talking to a girl, the elephant in the room is sex. You know, the elephant in the room, you know that meaning?
 
Ja man!
Aber es ist auch eine verbeugende Hommage an diesen Typen, weil er mir sagte eine Song über Sex zu schreiben. Seitdem habe ich eine Menge davon geschrieben. Das ist ein tolle Sache. Über Sex zu singen. Das fühlst du, du fühlst dich freizügig, wenn du das tust und die Leute fühlen das auch. Aber hauptsächlich ist es Elephant von Carlsberg, „Elephant“, danach ist es benannt. Und der wirkliche Grund, warum ich das Album nach diesem Song benannte habe … gut, ja, es gibt ein sehr bekanntes Album von „The White Stripes“, das auch „Elephant“ heißt. Aber deswegen habe ich es nicht gemacht. Das würde ich nicht mögen, mein Album so wie ihr erstes zu nennen, es ist eine große Band, man. Aber ich habe das Gefühl, da liegt eine spezielle Bedeutung mit drin.
Wie der Elefant im Raum, weißt du, es ist nicht nur Sex, es ist wie diese Idee von Hoffnung und ich versuche diesem Typen etwas Hoffnung zu geben, der einfach da rein kam und mir eine Dose Elephant-Bier gegeben hat. Und darum geht es wirklich.
 

Seit dem 25. August 2017 ist das Album „Elephant“ auf dem Markt. Die gleichnamige Single könnt ihr euch unten anhören.

 
Text, Interview & Polaroid-Fotos: René Biernath
Fotos: Jana Biernath
Instant Film: Color, For Use With 600, Classic White Frame und Black & White

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